Wer sich noch an den Zivilschein-Podcast „Lost Technology“ erinnert, dem wird auch Pierre noch bekannt sein. Dieser traf mich in Berlin-Mitte, und gemeinsam besuchten wir das Computerspielemuseum. Über dieses und über Computerspiele allgemein unterhielten wir uns daraufhin in der Feinbäckerei am Rosa-Luxemburg-Platz bei Backwaren und authentischen Berliner Straßengeräuschen.
Um Computerspiele ging es hier bei Zivilschein schon so einigemale, das Computerspielemuseum ist sogar im „Lost Technology“-Artikel schon verlinkt. Was Pierre und ich dazu zu sagen haben, liegt hiermit als Podcast vor.
Als Stütze bei der Frage, ob sich eine mp3 von 90 Megabyte voller Kühlschrankbrummen und Autogeräuschen lohnt, empfehlen sich vier Teaser aus dem Podcast: „Flutschfinger (Cornetto-Langnese-Consolewar)“, „Hornbrille“, „Qualität (nur noch mit dir)“ und „Foursquare-Mayor der Citytoilette (Gamification des Alltags)“ deuten schon an, wo wir beide überall hinassoziieren.
Interessante Links zu den besprochenen Themen:
- Pierres Twitteraccount, seine Suppe, sein Blog und sein anderes Blog
- Das von uns besuchte Computerspielemuseum Berlin und sein Wikipedia-Artikel
- Der Polyplay, dessen „Schmetterlingsjagd“, eine „Kleiner Maulwurf“-Adaption, wir spielten, dazu etwas Background und der bit.zarre Agitpopblog-Erfahrungsbericht
- Wir reden unzensiert über „Doom“, bis die Feuerwehr kommt, auch „Counter-Strike“, „Half-Life“ und „Quake“ werden honorabel gementiont
„Black & White“ popularisierte 2001 Mausgesten
- Über Gewaltdarstellungen in Jugendkultur spricht es sich leichter für Kenner der „Happy Tree Friends“
- Pierre spielte „Asteroids“ und was er bekam, war ein Bedienungsschock
- Es gibt auch Gewalt in Computerspielen; „River Raid“ zum Beispiel war das erste von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierte Computerspiel, denn es galt dieser 1984 als „kriegsverherrlichend und –verharmlosend. Wie der Antragsteller zu Recht hervorhebt, soll sich der Spieler in die Rolle eines kompromisslosen Kämpfers und Vernichters hineindenken. Dies geht klar aus der Spielanleitung hervor. Scharfschützenqualitäten sind im Spiel gefordert. Der Abschuß feindlicher Ziele wird hoch belohnt. Die Vernichtung eines gegnerischen Tankers, Hubschraubers, Treibstofflagers oder Jets bringt bis zu 100 Punkten, die Vernichtung einer gegnerischen Brücke 500. Die Anwendung kriegerischer Gewalt wird belohnt; wer die meisten Ziele zerstört hat, bekommt die meisten Punkte. Er hat die Möglichkeit, die Auszeichnung des ‚River Raider‘ zu erhalten. Das Spiel ‚River Raid‘ ist auch kriegsverharmlosend, weil der Krieg nicht sachlich nüchtern dargestellt wird; Kriegesereignisse werden als automatisierte, durch technische Hilfsmittel herbeigeführte Geschehnisse vorgestellt und damit vordergründig einer moralischen Wertung entzogen. Die Schrecken und Leiden des Angriffkrieges werden weder erwähnt, noch in irgend einer Weise angedeutet.
Das Videospiel ‚River Raid‘ hat emotionssteuernde und aggressionssteigernde Eigenschaften. Bei älteren Jugendlichen führt das Bespielen von ‚River Raid‘ zu physischer Verkrampfung, Ärger, Aggressivität, Fahrigkeit im Denken, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen u.a. (vgl. im einzelnen Fritz, ‚Videospiele-regelbare Welten am Draht‘, Teil 4, in ‚Spielmittel‘, S. 23 ff, Nostheideverlag, Bamberg, 1983; Selg, Vortrag vom 24.10.1984 auf der Jahrestagung der Aktion Jugendschutz (ajs), Landesarbeitsstelle Baden Württemberg, Stuttgart). Der Computer erzeugt durch das Spielen Aggression im Zusammenhang kriegerischer Ereignisse; da außer dem Befehl-/Gehorsam-Verhältnis (es muß geschossen und der Feind vernichtet werden) keine differenzierten sozialen Regeln angeboten werden für die Bewältigung von Wut und Zerstörungsgefühlen, kann davon ausgegangen werden, dass etwa auftretende Aggressionsneigungen auch in außerspielerischen Situationen insbesondere von gefährdungsgeneigten Kindern und Jugendlichen nicht adäquat beherrscht werden können. Aggressive Verhaltensmuster werden spielerisch eingeübt.“ - Wut und Zerstörungsgefühle kann Pierre angesichts der „Monkey Island Special Edition“ gerade noch bewältigen
- Dieser Podcast ist sehr aktuell – das erkennt man daran, dass über GTA V gesprochen wird, während die PC-Version noch nicht erschienen ist
- „Skyrim“ hat etwa 18-mal so viel begehbare Fläche wie Monaco
Dem Atari Lynx von 1990 tun wir großes Unrecht, denn der war mit 27 cm mal 11 cm zwar wirklich klobig, hatte dafür aber sehr wohl Farben, und zwar 4096 Stück, weil er eben nicht älter, sondern sogar erst kurz nach dem Gameboy auf dem Markt war
- Ebenfalls klobig, aber wegen Segas eigenwilliger Nomenklatur eine terminologische Überforderung für mich war der Sega Mega-CD
„Donkey Kong“ und „Mario Bros.“ werden heute zwar als Platformer verstanden, aber das ist retrospektive Analyse, gegen die z.B. „Frogger“ immer noch immun ist
- „Angry Birds“ ist auch nur ein neu angemaltes „Crush the Castle“
- „Quizduell“ (von 2012) wird inzwischen von 18 Millionen Menschen weltweit gespielt
- „Duke Nukem“ hat „Turrican“ wohl mehr als nur Inspiration zu verdanken – dann wiederum demonstrierten Factor 5 mit der Titelgestaltung auch nicht mehr Originalität, wohl aber schlechteren Geschmack
- Herr Trenz heißt im Übrigen nicht Markus, sondern Manfred, und arbeitete an „Turrican“ nicht in Hannover, sondern in Gütersloh
- In Gü, Gü, Gütersloh, da war ich meines Lebens froh…
- John Carmack und John Romero machten bei id Software „Wolfenstein 3D“, „Doom“ und „Quake“, Peter Molineux ist für „Populous“, „Theme Park“, „Theme Hospital“, „Dungeon Keeper“, „Black & White“ und „Fable“ prominent
- „Captain Zins“ (gratis Download) war 1994 ein Werbeadventure der Dresdner Bank
„The Last Eichhof“ (mehr dazu) ist wohl eher ein Computerspielvorläufer für das, was man heute Mashup nennt, als ein Pastiche
- Trent Reznor erstellte die Musik schon für das erste „Quake“, während Brian Mays „The Dark“ 1994 für das lausige Prügelspiel „Rise of the Robots“ verwendet wurde und dessen besserer Nachfolger 1996 den Song „Cyborg“ von ihm bekam
- „Eve“ mit Peter Gabriel war 1997 eine der bis dahin teuersten und aufwändigsten Computerspielproduktionen und hat nichts mit „Exile“ zu tun
- „Omikron: The Nomad Soul“ hatte 1999 einen Soundtrack von David Bowie, der im Spiel als Frontsänger der fiktiven Band „The Dreamers“ vorkommt und Teile eben jenes Soundtracks für sein folgendes Album „Hours…“ umgeschrieben und live performt hat
95 Prozent aller Geldautomaten laufen mit Windows XP, wofür im April 2014 der Support ausläuft
- „The Walking Dead“ ist ein prominentes Beispiel für episodische Computerspiele
- Downloadable Content finden Pierre und ich eine neue Form von Crippleware
- Klandestin zirkulierende Waren, auch Software, haben mit dem Internet eine neue Blüte erlebt
- Mit „Gamification“ durchdringen Spielmechaniken jeden Teil des Alltags bis hin zur Feinbäckerei und der Citytoilette
- Nicht nur Pierre könnte sich heute keine 40 Stunden mehr auf „Fallout 2“ konzentrieren
- „Alone in the Dark“ beeindruckte 1992 mit vollständig gerenderten und deshalb von allen Seiten betrachtbaren Objekten und Spielfiguren, hatte ästhetisch damit aber wenig zu bestellen
- Pierre hat bei „Soldier of Fortune“ in der U-Bahn mit Messern auf Geiseln geschmissen, ich hab das ja nur im Informatikunterricht im Multiplayermodus gezockt
- „Kingpin“ und „Manhunt“ sind vor allem ihrer außergewöhnlichen Gewaltdarstellungen wegen bekannt
- „Lolek und Bolek“ möchte niemand in so einer Weise nachbearbeitet oder neusynchronisiert sehen
- Pierre hat bei „Frontschweine“ („Hogs of War“, nicht „War Pigs“) über Gewalt reflektiert, mich hat die Massenvernichtung von Zivilisten in „Master of Orion 2“ ähnlich beeindruckt, obwohl beide Spiele dazu nicht diskusiv anregen wie „Civilization“ das tut – „Die Sims“ bieten hingegen eher „Videogame Cruelty Potential“
- In der letzten Mission des Weltraumshooters „Wing Commander 3“ (freigegeben ab 12 Jahren) zerstört man den Planeten Kilrah, Zentrum des gegnerischen Imperiums, samt aller Bewohner, was zum Beispiel Björn (den viele Zivilscheinleser als REM-Experten schätzen) zu moralischer Kritik angeregt hat
- Was passiert in „Independence Day“ eigentlich mit den Raumschifftrümmern?
- Ein Strategiespiel, das mit dem letzten Level beginnt (dann allerdings rückwärts erzählt) hatte ich vor Jahren schon mal vorgeschlagen
- Die Kollegen, die 2007 für Valve „Portal“ entwickelt haben, hatten das Konzept zuvor schon in „Narbacular Drop“ ausprobiert, das sie zum kostenlosen Download anbieten
- das Artilleriespiel „Worms“ muss nicht mehr spielen, wer sich stattdessen einfach die freie Alternative „Hedgewars“ zulegt
- In „Gauntlet“ haben Pierre und ich den Dungeon mächtig aufgeräumt
- „Red Faction“ war dafür bekannt, um das Gimmick „Wände sprengen“ konstruiert worden zu sein, und wurde dafür kritisiert, das nicht konsequent durchzusetzen
- Für „Duke Nukem 3D“ entwickelten viele Spieler neue Levels, auch Pierre war einer davon
- „Tomb Raider“ wurde nicht 1995, sondern 1996 veröffentlicht und war das erste wichtige Computerspiel, das von ebenso vielen weiblichen wie männlichen Personen gespielt wurde
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[…] Lieber spät als besser: ich sprach im Februar erneut* beim Zivilschein-Podcast vor und wir redeten, in einer Bäckerei sitzend, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Videospiele. […]
By: Meine Stimme im Internet × Gruselgrotte.de on 15.05.2014
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