Verfasst von: Manuel | 25.06.2011

Dein Freund und Spion

Wir müssen nochmal auf den 19. Februar zurückkommen.

Demonstrierende Bürger sind der Dresdner Polizei wohl derart ein Dorn im Auge, dass sie diese nicht nur bei Minusgraden mit Wasserwerfern und Reizgas bearbeiten, sondern auch flächendeckend Kommunikationsdaten ausspähen. Das ist an sich bereits illegal und rechtsstaalich höchst bedenklich.
Medienberichten zufolge war der Zugriff allerdings noch viel umfangreicher, als zuerst zugegeben: Mehr als eine Million Datensätze vom 19. Februar in Dresden wurden abgegriffen. Demokratisch aktiven Bürgern werden ja gern Vorhaltungen der Marke „Wenn du gegen den G8-Gipfel demonstrieren gehst, bist du doch selbst schuld, dass du wegen deines T-Shirts festgehalten wirst!“ gemacht. Die von der Polizei bespitzelten Dresdner wurden ausspioniert, weil sie am Tag einer Demonstration in ihrer Stadt waren.

Die Rechtfertigung für diesen tiefen Grundrechtseingriff legt die beginnende Invasion gefährlicher Gehirnfresser nahe:

Markus Ulbig (CDU) sagte bei der Vorstellung eines Sonderberichtes zu der Aktion, die Polizei habe auf rechtsstaatlicher Grundlage gehandelt. Die Datenerfassung sei während der Aufklärung eines versuchten Totschlags gegen einen Polizisten eingesetzt worden. Es sei Aufgabe der Polizei, solche schweren Straftaten aufzuklären: „Alles andere wäre absurd.“

Der „versuchte Totschlag“ eines Polizisten. Als Grundlage für das Ausspähen hunderttausender Kommunikationsdatensätze zigtausender Bürger.
Diesen Quatsch findet Sachsens CDU-Innenminister nicht nur nicht lächerlich – er erklärt ernsthaft, alles andere wäre absurd.

Von der – das eigentlich Absurde hier darstellenden – Unverhältnismäßigkeit zwischen der illegalen Maßnahme und ihrer Begründung abgesehen: Als „versuchter Totschlag eines Polizisten“ geht derzeit eine ganze Menge durch. Zum Vergleich vergegenwärtigen wir uns nochmal den bisherigen Aufwand zur Aufklärung der schweren Gewalttaten durch Polizisten gegen Demonstranten z.B. im Rahmen der S21-Demonstrationen.
Irgendwie ist der Enthusiasmus da nicht derselbe.

Da die Behörden hier offenbar die Salamitaktik fahren und nur Stück für Stück das zugeben, was sich ohnehin nicht mehr leugnen lässt, können wir auf weitere Stasimethoden schon gespannt sein.
Weil, hey: Es ist Sachsen hier! Jede Massenspionage wegen einer einzelnen Straftat ist immer noch eine zuwenig!

Das sind die gerechten Verbrechensbekämpfer, denen wir zunehmend Befugnisse zu unserer eigenen Überwachung (zur Zeit ist wieder die Vorratsdatenspeicherung im Gespräch) in die Hände geben. Und das ist ihr Umgang mit den rechtsstaatlichen Schranken, die wir ihnen zu deren Nutzung in den Weg legen.


Antworten

  1. […] zivilschein: Dein Freund und Spion […]


Das muss kommentiert werden!

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