Verfasst von: Manuel | 24.08.2010

Der Schwarze Auger

Bei der Recherche zum gestrigen Artikel über DSA im Wandel der Zeit ist mir erstmals etwas aufgefallen, das eigentlich sehr augenfällig ist.

Der ursprüngliche Chefredakteur für DSA war Ulrich Kiesow. Seine beiden Nachfolger waren Thomas Römer und Florian Don-Schauen. Die von Ulisses 2009 gebildete „Kernredaktion“ besteht aus Thomas Römer, Patric Götz, Chris Gosse, Daniel Richter und Uli Lindner.

Das sind alles Männer.

Die weitere Redaktion besteht zur Zeit aus Lena Falkenhagen, Momo Evers, Britta Neigel, Stefan Küppers, Thomas Finn, Anton Weste, Frank Bartels und Ulrich Kneiphof.

Drei Frauen. Fünf Männer.

Zuliefern dürfen Frauen DSA also schon, aber nicht mehr als Männer. Und Mitbestimmen geht gar nicht.

Manchmal sagt man, Rollenspiel wäre etwas für Männer, und was die Zahlenverhältnisse unter den Spielern betrifft, kann ich das aus meinem Eindruck nicht bestreiten. DSA scheint seit jeher dem strukturellem Sexismus zu unterliegen, von Männern entschieden zu werden.

An der aktuellen Redaktionskonstellation kann man eines klar erkennen: Wenn DSA ein Männer-Rollenspiel ist, dann setzt Ulisses sehr viel daran, dass das auch so bleibt.


Antworten

  1. Dein erster Artikel zum Thema war gut, aber den hier verstehe ich nicht mehr.

    Mit Britta Neigel (ehem. Herz) und Ina Kramer sind die Hälfte der DSA-Markenrechte-Inhaber weiblich, und DSA hat immer schon eine extrem aggressive political correctness betrieben – bis zu dem Punkt, dass mir ein Autor mal in den Neunzigern sein Leid klagte, dass in einem seiner Abenteuer eine männliche Räuberbande von der Redakltion zur Hälfte verweiblicht wurde, was ihn ziemlich aus den Socken hob, weil dies seiner Meinung nach diesen Encounter komplett demontierte. (Ich habe den Text damals nicht gelsen, ich kann das nicht bewerten.)

    Um einen Kernredaktionsposten vollzeitlich auskleiden zu können, muss man auch vollzeitlich zur Verfügung stehen – ich bezweifele, dass dies bei Lena und Momo der Fall ist, die ja beide nebenbei andere Karrieren verfolgen.

  2. Ja, die Spielwelt Aventurien ist mit einem Genderblick betrachtet sehr egalitär und die Regeln sind es auch (für die mitlesenden Laien: Das Geschlecht einer Spielfigur ist lediglich ein Posten auf dem Charakterbogen, es hat keine Auswirkungen auf Kraft, Geschick, Fähigkeiten etc.).
    Ich würde auch Ulrich Kiesow nicht absprechen wollen, dass er sich stets aktiv um weibliche Teilhabe bemüht hat – die großen Frauennamen schon aus den Achtzigern sprechen sehr dafür.

    Aber wie kann man männlich gedachte Geschichte und männlich geschriebene Bücher vermeiden, wenn die Entscheider nicht eine einzige Frau in ihren Reihen haben?

    Wo die Rechte liegen, hat mWn inhaltlich ziemlich wenig Einfluss, über das Rollenspiel bestimmt derzeit ja Ulisses.

    Wie viele Frauen DSA spielen, liegt vielleicht nicht nur an der Rolle der Frau im garethischen Adel, sondern auch daran, wer über die Veröffentlichungen entscheidet.

  3. Ich bin da eher Mondbuchstaben’s Meinung – zumal DSA ja nicht außergewöhnlich ist bei der Geschlechterverteilung der Spieler. Weibliche Shadowrun-Spieler etwa sind eine Art, die mir in meinen aktiven Jahren nur ein oder zwei Mal begegnet.
    Das mag sich aber alles in den letzten sieben, acht Jahren verschoben haben.

  4. Ob das jetzt im Vergleich zu anderen Systemen außergewöhnlich ist, kann ich schlecht diskutieren, da habe ich zuwenig Einblick.
    Das ist doch aber gar nicht mein Punkt.

    Um mal zu illustrieren, was ich sagen will: Welcher Anteil der Käufer des Aventurischen Arsenals wird wohl weiblich sein?
    Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen: Wohl nicht höher als der Frauenanteil unter den für das Buch verantwortlichen – denn siehe: das war nur eine aus sechzehn.

    Ist das eine abwegige Schätzung?

  5. […] unaufgerufene Beteiligung, und das bei kontinuierlich sinkenden Verkaufszahlen (und ganz nebenbei: Es wird auch sexistisch erstellt). Nicht weiter schlimm – wenn es nur das […]

  6. Bisschen unfair finde ich die Behauptung-ohne allerdings die konkreten Personen zu kennen. Soweit ich Rollenspieler kenne sind sie immer begeistert, wenn Frauen mitmachen wollen. wenn das dann selten ist, heißt das nicht Sexismus sondern Rekrutierungsproblem.

  7. @ahabicher
    Und wenn es solche „Rekrutierungsprobleme“ viel mehr bei Frauen als bei Männern gibt, woran könnte das wohl liegen?

  8. @Manuel Eine oft gestellte Frage, vor allem da, wo Frauen mal waren und wieder gegangen sind. Möglicherweise liegt es daran, dass Frauen die Phantasiewelten weniger oft ernst genug nehmen, um sich so intensiv und ausdauernd damit zu beschäftigen wie Männer. Bestimmt eine Erziehungsfrage. Gesellschaftlich tradierte Genderstrukturen, wenn man es politisch korrekt sehen möchte.

  9. @ahabicher

    Möglicherweise liegt es daran, dass Frauen die Phantasiewelten weniger oft ernst genug nehmen, um sich so intensiv und ausdauernd damit zu beschäftigen wie Männer. Bestimmt eine Erziehungsfrage.

    Möglicherweise. Und wenn das so ist, inwiefern ist es unfair, zu behaupten, Ulisses reproduziert solche Prägung, wenn alle inhaltlichen Entscheidungen zu DSA von Männern getroffen werden?

  10. Die erste und entscheidende Frage ist: Gibt es Frauen, die sich entsprechend einbringen und die inhaltlichen Entscheidungen treffen wollen? Wenn es sie gibt, sie sich in Aventurien auskennen, verlässlich mitmachen und aktiv gestalten wollen, dann ist die Behauptungen „Mitbestimmen geht gar nicht“ gerechtfertigt.
    Wollen die beteiligten Frauen nur ihre Ecke beharken und sich nicht so intensiv in die Sache vertiefen wie das fixe Redaktionsteam, und fehlen weitere Frauen trotz prinzipieller Aufgeschlossenheit, dann ist sie unfair.

  11. Und das völlige Fehlen von Frauen, die für Entscheidungsposten in Frage kämen und sie auch besetzen wollen würden, kommt dir nicht ein kleines bisschen unwahrscheinlich vor? Über einen Zeitraum von 26 Jahren?

  12. Ich finde, mit diesem Artikel machst du es dir zu einfach. Es ist kein großes Geheimnis, dass Frauen in Führungspostionen in Deutschland generell die Ausnahme bilden. Da aber bei Ulisses einfach einen Vorsatz zu unterstellen, halte ich für äußerst unangebracht.

    Wenn ich mir meine Gruppen ansehe, die ich seit dem Beginn von DSA hatte, waren Frauen da immer unterrepräsentiert. Und es waren dann auch immer die Männer, die sich eingehender mit den Details beschäftigt haben, die Frauen wollten lieber einfach spielen.

    Deine These überzeugt mich daher überhaupt nicht.

  13. Ein solcher Vorsatz ist in den 60ern und frühen 70ern sogar noch denkbar, gerade heutzutage aber sehr unwahrscheinlich. Schließlich stellen Frauen auch eine Käuferschicht dar, die niemand gern ausschließen möchte. Und gerade in kreativen Bereichen wie Medien und eben Spielen sind gute Ideen zu wertvoll, um sie für ein abstruses, nicht argumentierbares Konzept zu opfern. Daher sind Frauen ja auch in Medienberufen sehr viel stärker repräsentiert als etwa in der metallverarbeitenden Industrie.

    Übrigens nehmen auch an dieser Diskussion bislang dem Anschein nach nur Männer teil. Und das ganz ohne aktive Ausschlusspolitik. Im Gegenteil, das Thema schreit geradezu nach Meinungen von weiblichen Lesern.

  14. […] kleinen Sternchen unter hiesigen Blogartikeln abgegeben werden können, zählen meine ersten beiden genderthematischen Artikel zu den schlechtesten hier im Blog, der dritte und bislang letzte ist in zwei Monaten gar nicht […]


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