Verfasst von: Manuel | 12.07.2010

GMX spammt für De-Mail

Dass das Innenministerium und die Telekom das gemeinsam entwickelte Gruselmonster De-Mail demnächst auf die Öffentlichkeit loslassen wollen, könnte dem einen oder anderen bekannt sein.
Bei netzpolitik.org gibt es den Entwurf für das Gesetz, mit dem die Technik formal festgelegt werden soll.

Der Freemail-Dienst GMX bespammt ja bekanntlich seine eigene Kundschaft und lässt keine Abwehr dagegen zu – selbst wenn die gemailten Beteuerungen von Sicherheit ein Tapsen von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen sind.
Bei der Umsetzung der De-Mail ist GMX einer der ersten Dienste, die sich mit dem Angebot brüsten. Heute kam entsprechend die folgende… äh… Kundeninformation dazu:

Hallo Manuel Günther,

De-Mail kommt – und macht die beliebte E-Mail amtlich!

Reservieren Sie sich schon jetzt bei GMX kostenlos Ihre De-Mail-Adresse!
Schauen Sie gleich nach, ob Ihre Adresse noch frei ist:

z.B. Manuel.Günther@gmx.de-mail.de

E-Mail ist einfach, schnell und digital. Doch um Nachrichten und Dokumente rechtssicher mit Firmen, Behörden und Privatpersonen auszutauschen, kommen Sie um die „Papierpost“ bislang nicht herum. Die De-Mail-Initiative der Bundesregierung mit GMX und Partnern wird das jetzt ändern.

Neu: De-Mail – vereint die Vorteile von E-Mail und Papierpost.

De-Mail ist ein verschlüsselter Kommunikationsdienst mit eindeutig identifizierten Nutzern, Versand- und Empfangbestätigung.

  • Spart Zeit, Porto, Papier und Faxkosten
  • Beweiskräftig wie ein Einschreiben
  • Schnell und rund um die Uhr verfügbar
  • Reduziert die Papierflut (Steuerbescheinigungen, Arztberichte usw. per De-Mail zusenden lassen)
Jetzt schnell De-Mail-Adresse reservieren!

Tschüss Papierpost, Faxe und Behördengänge:
die De-Mail kommt – und Sie sind von Anfang an dabei!

Ihr GMX-Team

PS: Bei Fragen steht Ihnen die kostenlose Hotline 0800 – 9323307 (Mo-Fr 8:00-21:00 Uhr, Sa-So 10:00-18:00 Uhr) zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere GMX De-Mail Infoseite.

Update 1: Ich mach mal ein paar schnelle Anmerkugen.

„De-Mail“ (ich würde ja immer noch nicht ausschließen, dass das „De“ für „De Maizière“ steht) macht also „die beliebte E-Mail amtlich“? Was macht es denn mit der beliebten E-mail, und wie unterscheidet die sich danach von der bisherigen (Hint: Die E-Mail-Technologie bleibt weiter genau so, wie sie immer war.)
Aber ich kann mir schon jetzt „kostenlos“ (Wieviel kostet das denn später?) eine @gmx.de-mail.de-Adresse reservieren? Wo ich schon eine @gmx.de- und eine @gmx.net-Adresse hab? Wo ist der Mehrwert?

„De-Mail – vereint die Vorteile von E-Mail und Papierpost“?
Man kann sie also blockieren, anonym nutzen, durch Bots verschicken lassen UND mit Tinte unterschreiben und Zigaretten draus drehen? Super!
Moment… „eindeutig identifizierte Nutzer, Versand- und Empfangsbestätigung“? Wie? Also gehen die Vorteile doch für den Kompromiss drauf?

„Jetzt schnell De-Mail-Adresse reservieren“? „Jetzt schnell“? Also nicht nur jetzt langsam oder nachher schnell? Warum denn, wenn man den Dienst dann noch gar nicht nutzen kann? Und wenn man doch eh eine beliebige Adresse nehmen kann, sofern sie noch frei ist?
Ich würde mich ja gerne noch über mögliche Sicherheitsrisiken informieren, aber wenn das so schnell gehen muss… Wo kommt denn der Zeitdruck her?

„Tschüss Papierpost, Faxe und Behördengänge:
die De-Mail kommt – und Sie sind von Anfang an dabei!“ – Der größte Knaller: Tschüss Papierpost und Behördengänge!
Dank der De-Mail muss man nie wieder einen Behördengang erledigen! Nie wieder! Und auch nie wieder einen Papierbrief verschicken! Wird beides absolut überflüssig, verspricht GMX…
„Tschüss“!

Klar ist das für GMX ein wichtiges Geschäft. Und klar ist das Werbung und Werbung belügt uns immer.
Aber diese Mail ist politische Agitprop von einer desinformierenden Infamie, wie ich sie von einem Dienstleister gegenüber seinen Kunden nicht erwartet hätte.

Update 2: Ich habe da oben den Wikipedia-Artikel zur De-Mail zur schnellen Referenz verlinkt. Das war etwas unvorsichtig, weil er ungeeignet ist, um sich zum Thema zu informieren.
Wie man einen Wikipedia-Artikel liest (von oben nach unten die Wörter verstehen und dann den Gesamtsinn erfassen wie in traditionellen Lexika ist falsch) sollte ohnehin Teil der Medienkompetenz sein, aber dieser Artikel ist ein Lehrstück für kritische Recherche, denn er wird unter Anderem von einem Mitarbeiter des Innenministeriums mitverfasst, der die De-Mail selbst mitentwickelt.

Wenn nun Mitarbeiter der Regierung bereits unsere Nachschlagewerke schreiben, wie sollten wir dann mit den Informationen umgehen, die uns gegeben sind?
David, der die zweifelhafte Neutralität des Artikels hier schon in den Kommentaren angemerkt hat, hat das in einem sehr guten Blogeintrag dargestellt, der zur Sache wirklich erhellend ist. Danke David!

Update 3, 13.08.2010: Gestern abend um 19:07 ging bei mir eine exakt identische Mail von GMX ein. Das könnte eines von zwei Dingen bedeuten, vielleicht auch beide: Dass GMX seine Nutzer für demente Schwachköpfe hält. Und dass die Anmeldungen zur De-Mail auf die letzte Spamsendung hin extrem schleppend anlaufen.


Antworten

  1. […] This post was mentioned on Twitter by Elle Mudkips. Elle Mudkips said: RT @Zivilschein: Seht mal, wie #GMX bei seinen Kunden die #demail bewirbt: http://wp.me/pulj1-ST […]

  2. Schöner kritischer Artikel.
    Der Vorteil von De-Mail scheint mir noch nicht ganz klar zumal mögliche zukünftige Kosten nerven. Da mach ich doch lieber nen kostenlosen Spaziergang zum Amt und atme frische Luft.

    Gruß

  3. Der Wikipedia-Artikel ist geil. Der Abschnitt „Hintergrund“ wurde vollständig von einem externen Berater des BMI verfaßt und klingt auch entsprechend und ist inhaltlich ebenfalls unmöglich (nur deswegen kam ich darauf, das mal eben zu recherchieren). Es gab dazu zwar eine Anmerkung einer IP hinsichtlich POV, aber passiert ist nix.

    Vgl.: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=De-Mail&diff=prev&oldid=65361918

    Klicke, um auf steffen_heyde_de_mail_standards_und_technische_anbindung_von_unternehmen_bzw_oeffentlichen_stellen_download.pdf zuzugreifen

  4. […] ja immer wie eine Vorsilbe, die Abbau und Zerstörung kennzeichnet) sein soll: »Tschüss Papierpost, Faxe und Behördengänge« – das ist doch echt toll, dass niemand mehr zu irgendeiner Behörde laufen muss […]

  5. Auf der Wikipedia Seite wurde der Punkt Kritik gestrichen. Ist die Wikipedia jetzt auch schon wie die übliche Presse in Staatshand?

  6. @Delario: So schlimm ist es doch noch nicht, der Punkt „Kritik“ ist wohlauf.

    Ansonsten: Danke für das Kompliment! Aber mein Beitrag bestand doch größtenteils aus Zitaten. :)

  7. […] GMX spammt für De-Mail. Glaubt bloß nicht, dass das ne gute Sache […]

  8. […] zivilschein: GMX spammt für DE-Mail […]

  9. […] die den Dienst „De-Mail“ anpreist. Sie ist bis zum letzten Buchstaben identisch mit der, die ich vor einem Monat schon bekommen hatte (siehe das dritte Update […]

  10. […] GMX spammt für De-Mail […]


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