Verfasst von: Manuel | 27.05.2010

Schwarzgelb in Schleswig-Holstein plant Netzsperren gegen Glücksspiele

Gerade erst in der vergangenen Woche überraschte uns die FDP damit, Vorhaben gegen Netzsperren sowohl auf Landes-, als auch auf EU-Ebene zu verhindern, nun legt die selbsternannte „Bürgerrechtspartei“ mit eigenen Sperrvorhaben in Schleswig-Holstein nach.

Dort gibt die Landesregierung aus CDU und FDP nicht einmal mehr vor, gegen Kinderpornographie oder sonstige verbrecherische Inhalte vorzugehen, sondern plant Netzsperren, um Online-Glücksspiele zu behindern, die den staatlichen Glücksspielen Konkurrenz machen. So soll die Staatskasse aufgebessert werden.

Nach dem Krieg für die Arbeitsplätze bekommen wir jetzt also auch die Zensur für die Finanzlage.
Man kann nur nochmal betonen: Das ist der Verkauf unserer Bürgerrechte. Wörtlicher kann man ihn kaum noch betreiben.

Update 1: Das ist wirklich kein CDU-Projekt, das die FDP schweren Herzens mitträgt. Angetrieben wird das neue Sperrvorhaben durch den Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion Wolfgang Kubicki.
Dies und mehr kommentiert auch Thomas Stadler, der Skepsis ob der Wirkung des geplanten Gesetzes äußert.
Auch netzpolitik.org berichtet zum Vorhaben.

Update 2: Die politischen Auswirkungen des Vorstoßes der FDP Schleswig-Holstein diskutiert Stefan Engeln.

Update 3: Bei netzpolitik.org ist ein Widerspruch eingangen, Kubicki habe nichts dergleichen erklärt; bislang ist das aber noch äußerst dünn.

Update 4, 28. Mai: Wie netzpolitik.org nachträgt, reichte die FDP nun eine Pressemitteilung nach, die sich auf den ersten Blick positiv liest:

Der Gesetzentwurf sei bislang nicht fertig gestellt, so Kubicki weiter. „Die Abschlussberatungen stehen noch aus.“ Derzeit werde die Frage der Kontrolle diskutiert. Internet-Sperren seien aber seiner Ansicht nach keine sinnvolle Lösung, um illegale Angebote zu verhindern. Eine entsprechende Regelung sei im Gesetzentwurf zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages daher nicht vorgesehen, so Kubicki.

Die FDP Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, dass im Internet „der gleiche Schutz vor unzulässiger Überwachung, Zensur, aktionistischen Verboten und staatlicher Bevormundung gelten muss wie außerhalb des Internets“, wie es im Programm zur Landtagswahl 2009 heißt.

Bemerkenswerterweise dementiert die FDP damit Kubickis Aussagen gar nicht, wie Stefan Engeln richtig erkennt:

Interessant ist, dass Kubicki damit nicht dementiert, die Äußerungen, wie von Hendrik Wieduwilt zitiert, ursprünglich getätigt zu haben. Dazu passt auch die Kommentarlage bei Netzpolitik.org. Das angebliche Dementi der FDP ist also ein sogenanntes Non-denial denial.

Hendrik Wieduwilt fasst treffend zusammen:

Nach dem ich Kubickis öffentliche Antwort („entsprechende Regelung“) verwundert aufgenommen hatte, kam es später zu einem weiteren kurzen Gespräch über bisherige Formen des Access-Blockings: Nämlich das Zugangserschwerungsgesetz (sei ja doch etwas anderes als Einzelverfügungen und ja, der Aufsatz aus der NJW stamme von seiner Frau), Jugendmedienstaatsvertrag (dort sei eine entsprechende Rechtsgrundlage erfolgreich verhindert worden). Herr Arp saß übrigens mit auf dem Podium. Kurzum: Eine Rechtsgrundlage für Sperrverfügungen stand in dem Entwurf.

Offenbar nimmt die FDP nun allerdings von ihrem Vorhaben Abstand – und das wäre nach allen bisherigen Erfahrungen mit Access-Blocking eine gute Nachricht. Dass die liberale Partei das aber nicht ausdrücklich so sagt, sollte eigentlich niemanden wundern. Dass sich Journalisten von Spiegel Online davon vereinnahmen lassen, überrascht dagegen sehr. Oder auch nicht.

Sei’s drum, der spontane Gegenwind, den Kubickis Äußerungen ausgelöst haben, hat die FDP zum Zurückrudern veranlasst, und das ist schon etwas wert.
Wir behalten aber im Hinterkopf, was hier beinahe aus den Reihen der FDP gekommen wäre.


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  2. […] FDP schlägt selbst Netzsperren vor 1 […]


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