Verfasst von: Manuel | 02.06.2010

Horst Köhlers Rücktritt und der nächste Bundespräsident

Horst Köhler ist vor zwei Tagen vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten. Das war richtig so: Nicht nur war er ohnehin kein guter Präsident, sondern seine kriegsverharmlosenden Ansichten haben ihn als Staatsoberhaupt untragbar gemacht.

Köhler war der Präsident, der 2005 in einer hochumstrittenen Entscheidung den Bundestag auflöste. Als er diese fällte, wofür er sich richtigerweise einige Zeit genommen hatte, war bereits ein Bundestagswahlkampf im vollen Gange, dem angesichts seiner ausstehenden Entscheidung Köhler dennoch keinen Einhalt gebieten wollte.
Mehrere Gesetze wurden von Horst Köhler nicht direkt unterschrieben, sondern mit Einwänden oder Rückfragen bedacht. Verweigert hat er seine Unterschrift jedoch letztlich nur zwei allerdings untragbaren Gesetzen 2006: Dem Flugsicherungsgesetz und dem Verbraucherinformationsgesetz.
Seine Reden waren wenig erhellend und, wie wir sehen konnten, weitgehend bedeutungslos. Im Vergleich zu seinen Vorgängen Rau, Herzog und vor Allem Weizsäcker mangelte es ihm an Größe und Weisheit.

Seine zurecht umstrittenen Äußerungen im Gespräch mit dem Duetschlandradio legten gewaltsames Vorgehen deutschen Militärs im Ausland zugunsten wirtschaftlicher Interessen nahe, eine angesichts deutscher Geschichte und deutscher Orientierung an friedlichen Prinzipien indiskutable Idee. Seine Rechtfertigungsversuche waren lahm und seine letztliche Entschuldigung keine Entschuldigung.
Dass Horst Köhler Bundespräsident war, ging in Ordnung. Dass er zu diesem Zeitpunkt zurücktritt, war aber völlig richtig.
Seine Begründung, in der er von mangelndem Respekt seiner Kritiker als Grundlage seiner Entscheidung sprach, ist anmaßend, überheblich und herabwürdigend. Kritik sollte ein jeder einstecken können, und die an seinen Äußerungen war beileibe nichts besonderes. Sie (anstatt seiner eigenen Äußerungen) zum Auslöser für einen Amtsraustritt zu nehmen, lässt viel eher den Respekt vor seinem Amt vermissen, als die Kritik selbst.
Dass Köhler geht, ist gut, wie er geht, ist schlecht.

Am 30. Juni, dem letzten Tag der grundgesetzlich geregelten Frist von 30 Tagen, wird die Bundesversammlung zusammentreten, um einen neuen Bundespräsidenten zu wählen. Bis zum Ende dieser Woche sollen die Kandidaten bekannt gegeben werden.

Die momentan diskutierten Nachfolgekandidaten sind hauptsächlich aktive Bundespolitiker, vor allem solche aus der Bundesregierung. Ich halte das für unangemessen. Staats- und Regierungsämter sind nicht umsonst strikt getrennt.
Horst Köhler war kein Minister, kurz bevor er Bundespräsident wurde.
Johannes Rau war kein Minister, kurz bevor er Bundespräsident wurde.
Roman Herzog war kein Minister, kurz bevor er Bundespräsident wurde.
Richard von Weizsäcker war bis zu seinem Amtsantritt zwar regierender Bürgermeister von Berlin, aber zumindest kein Bundespolitiker.
Karl Carstens war kein Minister, kurz bevor er Bundespräsident wurde.
Walter Scheel war bis zu seinem Amtsantritt Außenminister (und für ein paar Tage sogar geschäftsführender Bundeskanzler), aber seit er sein Amt niedergelegt hat, sind über 30 Jahre ins Land gegangen.
Und das ist recht so: Zwar wird wer auch immer der nächste Bundespräsident wird eventuelle Regierungsämter damit ablegen, aber eine mindestens kurzzeitige Vermischung von Staat und Regierung wird sich kaum vermeiden lassen. Diese zu vermeiden ist jedoch ein demokratisches Prinzip.

Beinahe ebenso schlimm wie der Pool, aus dem die vermutlichen Kandidaten kommen werden, sind die konkreten Personalien.
Meine größte Hoffnung wäre, dass die FDP sich durchsetzt, Gerhart Baum zum Bundespräsidenten zu machen, denn dieser Mann wirkt sowohl weise als auch besonnen. Aber das wird kaum passieren.
Am wahrscheinlichsten wird als Nachfolger ein Kandidat der CDU sein. Norbert Lammert ist von den bislang kursierenden Namen noch am erträglichsten, aber seine Kandidatur erscheint auch wenig naheliegend. Doktor Schäbule, der Finanzsinister, gehört spätestens seit der Schreiber-Affäre in gar kein politisches Amt und seit seiner überwachungsmaniegetriebenen Innenministerschaft nicht einmal mehr in eine demokratische Partei. Im Amt des Bundespräsidenten könnte dieser gefährliche Mann zwar weniger Schaden anrichten als jetzt, aber wenige könnten Deutschland unangemessener repräsentieren als diese paranoide Kofferbombe.

Ursula „Zensursula“ von der Leyen, momentan noch Bundesarbeitsministerin, gilt derzeit als die wahrscheinlichste Anwärterin auf das Bundespräsidentenamt, und wenn das nicht eine sehr schlechte Nachricht wäre, wäre es zum Schreien komisch. Auch Lügenuschi könnte als Bundespräsidentin viel weniger Schaden anrichten als derzeit, wo sie bereits eine neue Jagd auf HartzIV-Empfänger macht. Dennoch ist Zensursula eine Demagogin und eine Lügnerin, und das ist bewiesen. Gegen die größte Petition, die in Deutschland je gezeichnet wurde, hat die Laiin Missbrauchsopfer als Vorwand benutzt, um ein Gesetz zur Zensur des Internets zu erzwingen, für das sie nicht nur mit äußerst schäbigen Mitteln, sondern auch mit glatten Lügen argumentierte. Ich freue mich schon darauf, dass die Bundesmutti das Gesetz zur Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht unterschreibt. Ebensowenig wie Dr. Strangelove gehört diese Frau in die Politik, und ebensosehr wie dieser wäre sie eine erbärmliche Vertretung des deutschen Volkes.

Um es auf den Punkt zu bringen: Schloss Bellevue darf kein rechtsfreier Raum sein.

Update 1: Udo Vetter plädiert für Joschka Fischer.

Update 2: Joachim Bellé vom AK Zensur spricht sich bei Max – wohlbegründet – ebenfalls für Gerhart Baum und gegen Zensursula aus und ist damit meiner Meinung.

Update 3, 3. Juni, 12:00: Auch Malte Welding spricht sich gegen Ursula von der Leyen als Bundespräsidentin aus. Seine Vorschläge sind Hans-Jürgen Papier, Heiner Geißler, Jutta Limbach und Klaus Töpfer.

Update 4, 12:15: Der Tagesschau zufolge ist Zensursula aus dem Rennen. Also waren die Gerüchte womöglich doch eine Finte, um einen etwas weniger umstrittenen Kandidaten leichter durchsetzen zu können.

Update 5: Martin Oetting sammelt in sehr zweinulliger Manier Präsidentenvorschläge aus dem Web 2.0, um diese demnächst an die Politik heranzutragen und jeder von euch sollte sich daran beteiligen.


Antworten

  1. […] Horst Köhlers Rücktritt und der nächste Bundespräsident « Zivilschein am 02.06.2010 um […]

  2. […] Update 5: Einen ausführlichen Kommentar zu Köhler, seinem Rücktritt und der möglichen Nachfolge gibt es hi… […]

  3. […] Wulff von der CDU ist zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden, und das hat uns immerhin ein ganzes Gruselkabinett alternativer Kandidaten erspart. Mich nervt es schwer, wie aus den benötigten drei Wahlgängen irgendwelche Bedeutung für […]


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